Leinen

Eine der ältesten bekannten Pflanzenfasern

Leinen ist ein natürliches Material, das aus Flachsfasern hergestellt wird. Der Flachsanbau ist noch älter als der Baumwollanbau. Schon die Steinzeitmenschen und Ägypter*innen sollen sich mit Leinenstoff eingekleidet haben. Aber ist Leinen  heute noch so nachhaltig wie damals?

Flachspflanze mit Blüte

Leinen wird aus dem natürlichen Rohstoff Flachs gewonnen. Photo by Libeco Linen Production.

Leinen ist schon seit Jahrtausenden bekannt

Leinen ist uralt und schon tausende von Jahren bekannt. Forscher*innen fanden bei Ausgrabungen in Europa Belege, dass bereits vor über 30'000 Jahren Leinenstoff von Steinzeitmenschen gewoben und getragen wurden. Auch im alten Ägypten wurden feinste Leinenstoffe hergestellt. Sie galten damals als Symbol göttlicher Reinheit und waren so beliebt, dass sie sogar als Währung gehandelt wurden.

Im Mittelalter wurde es dann wieder etwas praktischer. Die Ritter kannten schon damals die Vorteile von Leinen und bevorzugten den Stoff einerseits wegen der schmutzabweisenden Eigenschaft für körpernahe Kleidung und wegen seiner Stärke auch für Stoffpanzer.

Die Blütezeit von Leinenstoff war jedoch im vorindustriellen Europa, als Baumwolle noch nicht in grossen Mengen importiert wurde. Kolonisten brachten den Stoff nach Amerika. Danach kamen der Baumwollanbau und später die synthetischen Fasern, weshalb der Anteil am weltweiten Faserverbrauch heute lediglich bei 2% liegt.

Woraus wird Leinen hergestellt?

Leinen ist eine pflanzliche Naturfaser, die aus den Fasern der Flachspflanze gewonnen wird. Die Wiege des Flachsanbaus ist in Europa und noch heute werden 2/3 der gesamten Flachsproduktion in europäischen Ländern hergestellt. Daher gilt Flachs auch als heimische Kulturpflanze. Es ist eine einjährige, sehr genügsame Pflanze, die am liebsten ein maritimes Klima hat, um zu gedeihen: viel Sonne, Regen, Wind und lehmige Böden. Die feinsten Garne kommen daher aus den Küstenbereichen von Nordfrankreich, Belgien und den Niederlanden. Nach der Aussaat im Frühling dauert es mindestens 100 Tage, bis der Flachs mit zirka einem Meter die richtige Höhe erreicht hat und die Felder in ein zartes Blau einfärbt. Sobald die Samenkapseln sich Gelb färben, wird geerntet.

Nice to know: Die aus der Pflanze gewonnene Faser wird «Flachsfaser» (oder auch «Leinfaser») genannt, der Begriff «Leinen» wird erst für das gesponnene Garn bzw. für den daraus hergestellten Stoff verwendet.

Flachspflanze mit Blüte

Blüte der Flachspflanze. Photo by Libeco Linen Production.

Samenkapseln der Flachspflanze

Samenkapseln der Flachspflanze. Photo by Libeco Linen Production.

Schritt um Schritt vom Flachs zum Leinen

Die Flachsfaser wird aus den Stängeln der Pflanze gewonnen. Dieser Vorgang ist relativ aufwändig und kompliziert, da die benötigten Faserstränge (aus denen am Ende das Garn hergestellt wird) gebündelt in der Rinde des Pflanzenstängels stecken und die Pflanze sehr empfindlich ist.

Damit die Faser bei der Ernte nicht beschädigt wird, werden die Pflanzen nicht geschnitten sondern samt der Wurzel aus dem Boden gezogen («raufen») und auf dem Feld getrocknet. Danach folgt die sogenannte Tauröste (auch «rotten» oder «rösten» genannt): Die Flachsstängel werden der Witterung ausgesetzt. Durch Sonne, Tau und Regen sowie mithilfe von Bakterien und Pilzen aus dem Boden wird vereinfacht gesagt die leimartige Substanz zersetzt und die Holz- von den Faserteilen gelöst.

Es ist das gängigste und gleichzeitig umweltfreundlichste Verfahren, da es völlig natürlich geschieht und keine Chemikalien oder sonstige Hilfsstoffe benötigt werden. Im Gegenteil: Die Nährstoffe, die sich während der Tauröste aus den Pflanzen lösen, werden vom Boden wieder aufgenommen. Dieses Verfahren kommt bei ¾ der weltweiten Anbauflächen zur Anwendung.

Ist die Röstreife erreicht, wird die Ernte eingefahren.

Getrocknete Flachspflanzen

Getrocknete Flachspflanzen vor der Fasergewinnung. Photo by Suju-foto on Pixabay


Die Faser durchläuft dann ziemlich viele langwierige Prozesse. Erst wird «geriffelt», das heisst, die Samen (Fruchtkapseln) und Blätter werden von den Stängeln gestreift. Danach werden die spröden, holzigen äusseren Teile vom Stängel «gebrochen» damit diese besser von den Fasern entfernt werden können. Dies geschieht wiederum beim «schwingen» in der Schwingturbine. Am Ende werden dann beim «hecheln» die Fasern ausgekämmt und getrennt. Erst nach diesen vielen Arbeitsschritten können die Flachsfasern in der Spinnerei zu Garn verarbeitet und somit Leinenstoff gewoben werden.

Welche Eigenschaften hat Leinenstoff?

All diese sehr arbeitsintensiven und somit kostspieligen Vorgänge in der Leinenproduktion machen Leinengarn teurer als Baumwolle. Dafür hat die Faser aber auch viele Vorteile. Besonders gern wird Leinen für leichte Sommerkleidung wie Kleider, Röcke, Blusen oder Hemden und für Bettwäsche verwendet. Man findet das Gewebe aber auch bei Tischwäsche, Geschirrtüchern, Schuhen oder sogar Bucheinbänden.

Die Hauptmerkmale von Leinen sind:

  • Glatte Oberfläche, sehr edler und seidenartiger Glanz
  • Robust, reissfest und daher sehr langlebig
  • Antistatisch und nahezu fusselfrei
  • Atmungsaktiv, temperatur- und feuchtigkeitsregulierend
  • Kühlend auf der Haut
  • Haut- und antiallergisch
  • Schmutzabweisend
  • Biologisch abbaubar

Der Nachteil von Leinen ist, dass der Stoff verhältnismässig starr, also unelastisch ist und daher schnell knittert und wenig Reibung verträgt. Aber genau die Falten gelten als charakteristisches Merkmal von Leinen und werden auch Edelknitter genannt. Möchtest du wissen, wie man Leinen richtig pflegt? Dann schau dir am besten unsere Pflegetipps zu Leinen an. 

Leinenstoffe

Leinenstoffe. Photo by Svitlana on unsplash.com

Wie nachhaltig ist Leinen?

Leinen ist besonders für seine nachhaltigen Eigenschaften sowie für die Möglichkeit eines umweltschonenden Anbaus bekannt. Da das Gewebe sehr robust und reissfest ist, lassen sich sehr langlebige Stoffe und Kleidungsstücke herstellen, die bei richtiger Pflege wesentlich länger halten als bei anderen Textilfasern.

Der Rohstoff – die Flachspflanze – ist heimisch, biologisch abbaubar und eine sehr einfach anzubauende Kulturpflanze, die keine speziellen Ansprüche an den Boden stellt. Düngen ist nur sehr wenig notwendig. Anders als bei Baumwolle ist der Wasserverbrauch beim Flachsanbau vernachlässigbar, da Flachs allein mit Regenwasser wächst und darum kein zusätzliches Bewässerungssystem benötigt wird.

Für den konventionellen Anbau von Leinen werden jedoch Pestizide und mineralische Dünger benötigt, zwar weniger als im Baumwollanbau, jedoch immer noch belastend. Auch bei der so genannten «Röste» kann mit Chemikalien nachgeholfen werden oder auf ein künstliches Rösten zurückgegriffen werden, das die Abwässer verschmutzt. Das kommt vor allem in Klimagebieten vor, die zu trocken sind und eine Taufeuchte für eine natürliche Röste nicht vorkommt.

Nur wenn der Flachs unter kontrolliert biologischen Anbaubedingungen durchgeführt wird, kann ein umweltfreundlicher Anbau garantiert und die Verwendung von Agro-Chemikalien ausgeschlossen werden. Beim Bio-Anbau werden zudem Zwischenfrüchte wie beispielsweise Senf oder Klee gepflanzt, um die Bodenqualität zu verbessern und das Feld mit Nährstoffen zu versorgen.

Somit lässt sich sagen, dass der Flachsanbau für die Leinenproduktion natürlich nicht mehr so umweltschonend ist, wie zu Zeiten der alten Ägypter. Insgesamt ist der Anbau in ökologischer Bewirtschaftung aber sehr nachhaltig und unproblematischer als bei anderen Naturfasern wie zum Beispiel bei Baumwolle – allerdings ist das Ernteverfahren deutlich aufwändiger und somit der Stoff teurer.