Jeans – giftfreie Jeans
Die Jeansindustrie braucht dringend eine Entgiftungskur
Die Jeansindustrie ist eine der grössten Umweltsünden in der Modeindustrie. Im Herstellungsprozess kommen hochgiftige Chemikalien und gesundheitsschädigende Praktiken zum Einsatz – ganz ohne die nötigen Schutzmassnahmen für Menschen und Umwelt.
Einige Marken für Faire Mode zeigen mit ihrem Angebot an coolen Bio-Jeans, dass es auch anders geht. Zu den Pionier*innen gehören Marken wie Kuyichi, Kings of Indigo, Armedangels und Nudie Jeans. Armedangels hat sich den Begriff Detox Denim ganz gross auf die Fahne geschrieben. Er trifft den Nagel auf den Kopf. Weil es eben nicht «nur» darum geht, nachhaltige Alternativen zu konventionellen Jeans zu schaffen, sondern auch darum, ein ganzes System zu verändern.
Detox Denim © by Armedangels
Alle lieben Jeans
Jeans gehören zu den beliebtesten und somit auch meistproduzierten Kleidungsstücken der Welt. Die Art und Weise wie sie hergestellt werden, hat also einen grossen Einfluss auf die Menschen und die Umwelt an den Herstellungsorten. Die Herstellungskette einer Jeans ist sehr kleinteilig, das macht sie komplex und unübersichtlich. Wenn auf dem Etikett «Made in Poland» steht, kann das bedeuten, dass in Polen einfach nur das Etikett eingenäht wurde.
Wo werden Jeans hergestellt?
Zur Herstellung einer Jeans werden erst alle Einzelteile hergestellt, die Stoffstücke nach Schnittmuster, Knöpfe, Reissverschlüsse, Patches und weitere Details. Teile wie Knöpfe und Reissverschlüsse oder die Farben für den Stoff kommen meist aus einem reicheren Industrieland.
Der letzte und intensivste Arbeitsschritt, das Zusammennähen und Ausrüsten der Jeans, passiert zum grössten Teil in Billiglohnländern. Zu den wichtigsten Produktionsländern gehören Bangladesh, Pakistan, die Türkei und China.
Was ist an der Jeansherstellung so giftig?
Vieles im Herstellungsprozess einer konventionellen Jeans ist giftig. Dazu gehören auch die sozialen Bedingungen. In den Billiglohnländern werden die Rechte der Arbeitnehmenden grösstenteils nicht respektiert. Arbeitstage von bis zu 16 Stunden sind üblich, den angestellten wird keine ausreichende Schutzausrüstung zur Verfügung gestellt, am Ende des Monats erhalten sie einen Lohn, der nicht annähernd ihre Existenz sichert. Unter den Angestellten sind auch Kinder, die arbeiten, um etwas zum Einkommen der Familie beizutragen. Wer sich beschwert, verliert seinen Job.
Giftige Chemikalien und Schwermetalle
Die Wahrheit ist, in der Textilindustrie kommen unfassbar viele Chemikalien zum Einsatz. Aber nicht alle Chemikalien sind schädlich. In Billiglohnländern ist der Einsatz von giftigen Chemikalien weniger streng reguliert. Es kommen auch Chemikalien zum Einsatz, die bei uns verboten sind. Die Angestellten sind diesen bei ihrer Arbeit oft schutzlos ausgesetzt. Zum Bleichen der Jeans werden Kaliumpermanganat oder Chlorbleiche eingesetzt, beide Stoffe sind hochgiftig und vor allem auch flüchtig. So gelangen die Angestellten nicht nur über die Haut damit in Kontakt sondern auch über die Atmung.
Das Abwasser aus den Färbereien und Wäschereien wird ungefiltert in die Flüsse geleitet, obwohl das eigentlich verboten ist. Schadstoffe können auch im Stoff zurückbleiben und beim Tragen über die Haut aufgenommen werden. Heute wird aber sehr darauf geachtet, dass keine Schadstoffe zurückbleiben, dafür wird der Waschprozess verlängert, was wiederum mehr Wasser verbraucht und mehr Schadstoffe in die umliegenden Flüsse spült.
Sandstrahlen für den «Used Look»
Die meisten Menschen wollen keine Jeans tragen, die neu aussehen. Also werden frisch eingefärbte Jeans gleich wieder gebleicht und so bearbeitet, dass sie gebraucht aussehen. Durch Sandstrahlen lässt sich die Farbe von den Fasern abreiben. In China wenden Arbeiter*innen das Sandstrahlen ohne ausreichende Schutzmassnahmen an.
Bemühungen, das zu stoppen, zum Beispiel von der Clean Cloth Campaign, sind bisher wenig erfolgreich. Die Organisation, die sich für die Rechte der Arbeitnehmenden in der Textil- und Sportkleidungsindustrie einsetzt, hat dazu aufgerufen, die Praxis nicht länger anzuwenden. Es hat sich jedoch gezeigt, dass viele der Marken, die ein Versprechen abgegeben haben, sich nicht daran halten. In Europa unterliegt die Praxis des Sandstrahlens strengen Regulierungen, in der Türkei ist sie seit 2009 verboten.
Beim Sandstrahlen entsteht feiner Quarzstaub, der sich in der Lunge absetzt und zu chronischen Entzündungen und Vernarbungen führt. Die Lungenbläschen können immer weniger Sauerstoff aufnehmen. Das Leben der Arbeiter*innen wird dadurch drastisch verkürzt.
Wie machen Fair Fashion Brands ihre Bio-Jeans?
Ganz klar: Praktiken wie das Sandstrahlen oder der Einsatz von hochgiftigen Chemikalien und Schwermetallen kommt in der Herstellung nachhaltiger Jeans nicht infrage. Zum Bleichen der Jeans werden anstelle von Chlorbleiche natürliche Enzyme und Ozon eingesetzt. Beim Färben wird darauf geachtet, dass gewisse Chemikalien und Schwermetalle nicht zum Einsatz kommen.
Man muss aber auch sagen: Das Potenzial, den Färbeprozess insgesamt noch nachhaltiger zu gestalten, ist riesig. Das gilt nicht nur für Jeans sondern eigentlich für sämtliche Kleidungsstücke. Auch hier spielt Armedangels eine Vorreiterrolle mit dem Einsatz von Earthcolors. Das sind ökologische Farben, die aus Landwirtschafts-Abfällen hergestellt werden.
Der Textilfabrikant Tejidos Royo in Spanien färbt und webt für Mud Jeans den Stoff. Sie haben eine Kläranlage und eine Kraft-Wärme-Kopplungsstation integriert, mit der das Wasser gereinigt wird und die Fabrik energieselbstversorgend ist. © by Mud Jeans
Ökologische Materialien und Zirkularität
Grundsätzlich setzen Fair Fashion Brands bei den Jeans auf Bio-Baumwolle anstelle von konventioneller Baumwolle. In Färbe- oder Waschprozessen wird das Wasser gefiltert und wieder verwendet. Es gelangt also kein verunreinigtes Abwasser in die Umwelt und es wird viel Wasser eingespart. Für eine konventionelle Jeans werden durchschnittlich ca. 7'000 Liter Wasser verbraucht, Mud Jeans kommt mit nur 477 Liter Wasser aus.
Zirkulariät ist auch bei der Baumwolle ein Thema. Viele Brands wie Mud Jeans, Nudie Jeans, Kings Of Indigo oder Armedangels setzen mehr und mehr «Post Consumer Denim» ein, ein Stoff, der aus den Fasern einer getragenen Jeans gemacht und wieder zu neuen Jeans verarbeitet wird. Hinzu kommen immer öfter auch recycelte Materialien, wie recycelter Polyester, der den natürlichen Fasern beigemischt wird. Polyester erhöht zum Beispiel bei Skinny Jeans mit Stretchanteil die Strapazierfähigkeit.
Greenwashing oder Wertewandel?
Allgemein ist in der Jeansherstellung ein Wandel spürbar. Auch grosse Marken wie Levi’s betonen ihre Bemühungen um Nachhaltigkeit. Gewissen Berichten zufolge setzt Bangladesh stark auf Innovation, verwendet vermehrt Bio-Baumwolle und verringert den Wasserverbrauch. Das hat sicher viel damit zu tun, dass gerade in den reichen Industrieländern, dem grössten Markt für die dort produzierten Jeans, die Nachfrage nach Bio-Jeans wächst. Was weiterhin fehlt, ist das Bewusstsein dafür, dass dringend auch die Arbeitsbedingungen verbessert werden müssen.
Sei schlau und schau genau
Einmal mehr gilt, Versprechen allein reichen nicht. Was auch hier hilft, sind Zertifizierungen wie GOTS oder Oeko-Tex. Sie regulieren zum Beispiel den Einsatz von Chemikalien während der ganzen Wertschöpfungskette. Denn Wasser zu sparen, ist zwar löblich, reicht aber allein noch nicht, um ein wirklich nachhaltiges Produkt herzustellen.
Falls du mehr über die Herstellung einer konventionellen Jeans wissen möchtest, ist vielleicht diese Dokumentationsfilm aus dem Jahr 2015 interessant für dich: Das schmutzige Geschäft mit der Jeans
Nachhaltigkeitslexikon
- Alpakawolle
- Ahimsa Seide
- Bambus
- Baby-Alpakawolle
- Bio-Baumwolle
- Cradle to Cradle
- Fair Wear Foundation
- Fashion Revolution
- Global Organic Textile Standard (GOTS)
- Hanf
- Jeans – giftfreie Jeans
- Leinen
- Lyocell
- MADE IN GREEN by OEKO-TEX®
- Mulesing
- OEKO-TEX®
- Organic Traced (O.T.) Leder
- Peace Silk
- PETA-Approved Vegan
- Seide
- STANDARD 100 by OEKO-TEX®
- Sneakers – faire Sneakers
- Slow Fashion